




Die Besuchergruppe, die von Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel im Rahmen des SPD-Sommerprogramms am 03. September 2014 über den Nicolaifriedhof geführt wurde, nahm mit Schrecken und Entsetzen die grausamen Erläuterungen auf: Schweigend – erschüttert – nachdenklich. Über 20 Besucherinnen und Besucher nahmen an der Führung teil, einige zum wiederholten Male.
Ein historischer Friedhof, Erinnerungsort, der "mit den Füßen erlebbar wird", so Prof. Dr. Biegel, "wenn die Besucher bewusst den Weg bis nach oben gehen". Ausgehend von der Informationstafel am Eingang der Gedenkstätte führt der Weg zum zentralen Platz mit einer herzförmigen Plastik, die an die Leidensgeschichte der Opfer erinnert. Weiter führt der Weg in den hinteren Teil, in dem die Säuglinge und Kinder begraben wurden. Weiße Steinkreuze und eine große Steintafel mit allen bekannten Namen wurden aufgestellt.
Der Friedhof Hochstraße im östlichen Ringgebiet in Braunschweig ist ein historischer Friedhof, der 1797 angelegt wurde als Friedhof der römisch-katholischen Kirchengemeinde St. Nicolai, St. Nicolai-Friedhof genannt. Während des Zweiten Weltkriegs wurden hier über 380 verstorbene ZwangsarbeiterInnen beigesetzt. "Ab 1939 wurden Zwangsarbeiter/innen zur Kriegsproduktion nach Braunschweig verschleppt und starben an den Folgen menschenunwürdiger Lebens- und Arbeitsbedingungen. Sie kamen aus Polen, Italien, Belgien, Niederlanden, Frankreich, Ungarn, Bulgarien Sowjetunion und Tschechoslowakei, unfreiwillig und schufteten bis zum Tode", berichtet Prof. Biegel.
"Auch über 150 Kinder sind auf dem Friedhof begraben. Auf dem Grundstück Broitzemer Straße existierte von 1943 bis 1945 ein so genanntes "Entbindungsheim", in dem polnische und sowjetische Zwangsarbeiterinnen ihre Kinder zur Welt brachten. Kurz nach der Geburt mussten die Mütter ihre Säuglinge zurücklassen. Die Kinder blieben hilflos dem Hunger und der Vernachlässigung ausgesetzt. Die meisten überlebten nur wenige Wochen und wurden dann an der Hochstraße begraben“, so Prof. Biegel. Grabplatten mit den Namen der ermordeten Säuglinge und weiße Kreuze erinnern daran.
Bis 1994 verfiel der Friedhof, bis er zur Gedenkstätte umgewandelt wurde. Sie entstand 2001 in Kooperation zwischen deutschen und polnischen Künstlern, der Stadt Braunschweig sowie dem polnischen "Rat für das Gedenken an die Kämpfe und das Martyrium". Nicht verschweigen, nicht verdrängen: Gegen das Vergessen.
Ihre Annegret Ihbe, stellvertretende SPD-Unterbezirksvorsitzende Braunschweig